Mittwoch, 28. Juni 2006

Bären

Bruno ist tot. Wo bleiben die Knödel und die Preisselbeeren ?

Die halbe Welt regt sich auf, weil Bruno endlich seine Bestimmung gefunden hat. Ein lauschiger Abend, ein Holzkohlenfeuer, und keine acht Stunden auf kleiner Flamme geröstet ist Bruno ein Genuss.

Hätte Dieter Bohlen sich in freier Wildbahn bewegt und wäre in die Hühnerställe im Berchtesgadener Land eingedrungen, hätte sich dann jemand beschwert ?

Nein, wir hätten den Jägern Panzerhaubitzen, Marschflugkörper und Laserschwerter gegeben, damit sie dem Vieh den Garaus machen ! Und es ist wahrlich keine 170 Jahre her, dass ein freilaufender Dieter Bohlen sich zuletzt auf eigenen Beinen durch die Botanik geschleppt hat.

Und welcher militante Umweltschützer der etwas auf sich hält, hätte angedrohnt, sich als Dieter Bohlen zu verkleiden und durch das Voralpenland zu hoppeln, um die Jäger zu verwirren ? Dabei hätten 30 auf einem Südhang am Rande des Predigtstuhls grasende Dieter Bohlens eine ungeheure mediale Wirkung gehabt. Spätestens wenn sie im Kanon 'Cherry Cherry Lady' gesungen hätten. 30 als Bären verkleidete Kunststudenten hingegen hätten bestenfalls als Kulisse für eine neue Bärenmarke-Werbung getaugt.

Sind wir doch mal ehrlich: Auch wenn die Bewohner an der Grenze zu dem komischen Land einen seltsamen Dialekt sprechen, und sich zeitweise in noch seltsamere Gewänder hüllen, laut Genanalyse gehören sie zur Gattung homo erectus. Und sind schon genug gestraft, dass sie täglich Österreicher sehen müssen. Gegen die kann man nichts machen. Gegen freilaufende Bären schon. Und die Schuhplattler haben ein Recht darauf, beim Einkaufen nur ihrer Schwiegermutter zu begegnen, nicht aber mehreren hundert Pfund Muskelmasse auf Brautschau.

Ein Wort noch an die ganzen "Den hätte man doch aber betäuben können"-Pazifisten:
Es ist keinesfalls so dass Bruno, angesichts einer Pfeilspitze in seiner Hüfte, sofort und unmittelbar schlafend umgefallen wäre, alle Viere von sich gestreckt.

So ein Betäubungsgewehr schiesst auf 30 Meter genau. 30 Meter, die schafft ein Bär in unter drei Sekunden. Insbesondere wenn er stinksauer darüber ist, dass man ihm gerade einen Pfeil in den Arsch geschossen hat. Und egal, wie hoch ihr in drei Sekunden auf einen Baum klettern könnt, ein Bär kann das auch. Und zwar deutlich besser.

Aber ihr hättet das bestimmt mit ihm ausdiskutieren können. Oben auf dem Baum. So ungefähr eine Sekunde lang, bevor Euch eine klodeckelgrosse Pranke am Ende eines oberschenkelstarken Vorderbeins getroffen hätte.

Könnt ihr ja beim nächsten Bären machen. Aber bis dahin reicht mir mal die Pfeffermühle.

Achilles-Ferse

Schade.

Achim Achilles ist seit Jahren der erste Kolumnist, der den verstaubten Nachrichtenmief bei den Üblichen Verdächtigen ein bisschen aufgelockert hat, ohne sofort und unmittelbar als strunzdumm und verwandt mit einem gewissen Wagner bei der anderen Feldpostnummer erkennbar zu sein. Und er hat zumindest einem Printmedium mit dem Charme von Hornbrille und Nierentisch den Touch eines modernen Magazins gegeben, das sich auch mal was traut, statt immer nur im pseudoneutralen und daher meinungslosen Berichten zu versanden.

Und so hat Achilles serienweise Kolumnen für Spiegel-Online verfasst, immer rund ums Thema Joggen und immer unter galliger Ächtung der seltsamen Gestalten, die im Sommer mit Skistöcken durchs Unterholz watscheln, korrigiere, walken.

Und was passiert heute ? Sie treten den Beweis an, dass unsere Journaille noch genauso wenig Arsch in der Hose hat wie vor zehn, zwanzig oder 100 Jahren. Denn die obersten Bedenkenträger, offiziell Chefredakteure genannt, fühlen sich bemüssigt, eine Entschuldigung für eine Kolumne abzudrucken. IN DREI SPRACHEN !

Freunde, Ihr seid peinlich. An Eurer Stelle würde ich mich schämen. Statt über die Handvoll Berufsbetroffener zu lachen, die sich pavlowschen Hunden ähnlich immer dann aufregen, wenn mal jemand nicht unter Zuhilfenahme des Konjunktiv II formuliert, und statt den guten Achilles als Antwort auf die Lackaffen gleich noch einen draufsetzen zu lassen, kuscht Ihr Beamtenhirne und erklärt uns stattdessen, was Satire angeblich ist, und was sie darf. Als ob gerade Ihr diejenigen wärt, die uns dieses nahebringen könnten !

Experiment Moderne gescheitert, zurück zum Schreibstubenjounalismus mit Absegnung durch drei Instanzen. Möge es Euch eine Million Leser kosten. Und Achilles, wechsel den Namen, und geh zur Konkurrenz. Die Schisshasendichte ist in anderen Redaktionen deutlich dünner.

Donnerstag, 22. Juni 2006

Frühlingsprinzen

Die BILD-Zeitung veröffentlicht weitere Trennungsbriefe frustrierter Frauen.

Stellvertretend für alle Frühlingsprinzen dieser Welt fühle ich mich verpflichtet, sie zu beantworten.

Geliebter Frühlingsprinz,

mein Mann liegt neben mir und schnarcht wie eine Kettensäge. Ich habe Sehnsucht nach Deinen Augen, Deinen Händen, Deiner Stimme.


Geliebte Ofenkartoffel,
wenn er tief genug schläft, und Du mich anrufst, dann können wir es ja versuchen. Aber wird er von der Wackelei nicht aufwachen ? "Der Heizungsableser kommt" ist als Ausrede prinzipiell zwar nicht schlecht, aber wenn er abends um zehn direkt in Deinem Bett kommt, könnte das seinen Argwohn wecken. Und das wollen wir doch nicht. Jetzt, nach all den Jahren.

Ich bin wieder 13, wenn ich daran denke, wie wir uns im Kino getroffen haben, wie sich unsere Hände in der Popcorntüte getroffen haben.

Ofenkartöffelchen, Du bist jetzt 44 Jahre alt. Das ist beinahe so lange her, wie die letzte Mondlandung.

Aber mein schlechtes Gewissen überstrahlt unser Glück. Denn seit wir das tun, haben wir die Grenze überschritten, die ich so dringend hatte einhalten wollen.

Jaja, das ist schon so. Kaum sind mal dreissig Jahre vergangen, tut man dann doch hin und wieder das ein oder andere, das man nicht hatte tun wollen. Klassischer Fall von shit happens. Und Frauenhirne sind ja komplexe Instrumente. Da kann es vom ersten Fremdvögeln bis zum ersten Gewissensbiss schon mal etwas länger dauern. Trotzdem sollten wir aber doch mal beim Guiness-Buch-Verlag anrufen, einfach so aus Interesse.

Gleich beim ersten Mal war ich so weit oben, so weit weg, daß mein Verstand mich einfach im Stich gelassen hat. Ich wollte nie wieder runterkommen, mein ganzes Leben lang.

Ich hab Dir also das Hirn aus dem Kopf gevögelt. Komplett. Mit drei Jahren. Ja, ich war schon damals ein Hengst, und konnte sie alle haben.

Wie armselig ist mein Eheleben, seit Jahren liegt er Abend für Abend neben mir und schaut sich Sportergebnisse auf Videotext an.

Nein, Ofenkartöffelchen, nicht seit Jahren. Seit Jahrzehnten. Drei Jahrzehnten, um präzise zu sein. Sag mal, gab es damals echt schon Videotext ? Meine Eltern haben mir damals Fernsehen verboten.

Er hat eine andere Romantik als Du und ich, steht auf Kerzenlicht, Strapse und Dessous. Das finde ich abgeschmackt. Manchmal begann ich ihn zu hassen, weil er meinem Glück so sehr im Weg steht.

Ja nee, is klar. Ist auch echt unfair von ihm. Es geht nix über Frottee-Schlafanzüge mit süssen kleinen Entchen drauf. Ich würde auch dreissig Jahre neben einer übergrossen Amöbe liegen und drauf warten, dass sie sich irgendwie in Luft auflöst. Tun die ja alle. Ständig.

Doch was soll ich jetzt tun? Ihn weiter belügen und betrügen? Ihn verlassen? Für Dich, einen „Jungen“, der mich in spätestens fünf Jahren verlassen wird?

Ja das ist wirklich schwer zu sagen. Es gibt Fragen, deren Antwort braucht nunmal ihre Zeit. Die Frage, ob die Kernfusion wirtschaftlich ist. Die Frage, wie alt Johannes Heesters werden wird. Oder Fragen wie Deine. Aber es gibt wirklich keinen besseren Termin, um sie sich erstmalig zu stellen. Man darf solche Sachen schliesslich nicht übereilen.

Doch ich bin zehn Jahre älter als Du, habe zwei Kinder. Oft frage ich mich: Warum habe ich Dich nicht früher getroffen? Warum habe ich meinen Mann überhaupt geheiratet? Warum ist er und nicht Du der Vater meiner Kinder?

Naja, damals warst Du 13, und ich war drei. Ich wollte einfach nicht so früh Vater werden.

Du hast mit 34 Dein Leben noch vor Dir, ich bin bereits mittendrin. In einem Leben, das ich mir selbst ausgesucht habe. Ein Leben mit finanzieller Sicherheit und familiärer Geborgenheit, die ich meinen Kindern nicht nehmen kann. Am Schluß hätte ich doch nur fünf Menschen unglücklich gemacht.

Du hast es Dir ausgesucht. Genau. Du hast es Dir ausgesucht, kurz nachdem Deutschland in München Weltmeister geworden war, und jeder Mensch einen Wackeldackel (und zwar den originalen Dackel in braun-blau) auf der Hutablage seines Ford Taunus hatte. Kurz nachdem der Vietnamkrieg zuende ging. Seither hast Du Deine Amöbe zweimal erfolgreich über Dich drüber rollen lassen, und die restlichen 10948 Nächte der Kettensäge zugehört. Das ist schon ne Leistung. Und zeugt von einem bewundernswerten Feuerwerk an Energie. Erstaunlich, dass ich so lange mit Dir mithalten konnte. Und als Zahnärztin muss man schon sehen wo man bleibt. Da auf eigenen Füssen zu stehen ist schon schwierig, das gebe ich zu.

Wenn wir jetzt keinen Schlußstrich ziehen, wird es immer weher tun, je länger wir warten. Obwohl ich weiß, daß ich in allen weiteren Frühlingen meines Lebens an Dich denken und mich nach dem Geschmack Deiner Küsse sehnen werde.

Ich weiss nicht. Ob nu nach 31, 45 oder 327 Jahren, ich glaub das macht das Kraut nicht fett. Aber ich konnte mit Deinem Esprit noch nie mithalten, also was soll ich dagegen argumentieren wollen.

Ich bitte Dich: Bitte suche mich nicht mehr nachmittags auf den Kinderspielplätzen unseres Stadtteils, ich werde „unsere“ Restaurants und Bars nicht betreten. Schicke mir keine SMS und keine E-Mail mehr, rufe nicht bei uns zu Hause an.

Nee, das mach ich eh nicht mehr. Karl-Heinz war letztes Mal schon fast misstrauisch, als ich ihn Dir ausrichten liess, ich hätte Deinen Ohrring hinter dem Sofakissen gefunden. Er hat mich tatsächlich gefragt, welchen, Du würdest seit den Siebzigern etliche davon vermissen.

Ich fühle mich verpflichtet, meine Ehe zu retten, egal, wie falsch und verlogen Dir das vorkommt. Wenn ich diesen Brief beendet habe, werde ich alle Deine Nummern löschen und hoffen, daß ich Dir niemals begegnen werde.

Neee, ich versteh das schon. Du musst das jetzt durchziehen. Schliesslich hast Du schon fast die Hälfte geschafft ! Hey, keine vierzig Jahre mehr, und Du bist im Ziel ! Und wenn Du Glück hast, wirst Du mit um die sechzig eh schwerhörig, dann hörst Du sein Geschnarche ja nicht mehr so laut. Das bisschen Zeit sitzt Du doch auf einer Backe ab. Schliesslich haben wir ja nicht nur ein Leben.

In aller Liebe, Lena
Ofenkartöffelchen, willst Du nicht noch mal kurz drüber nachdenken ? So bis 2027 ungefähr ?

Dienstag, 13. Juni 2006

Trennungsbriefe

Die BILD-Zeitung veröffentlicht ab sofort Trennungsbriefe frustrierter Frauen.

Stellvertretend für alle Thorstens dieser Welt fühle ich mich verpflichtet, sie zu beantworten.

Lieber Thorsten,

ich habe schlechte Nachrichten für Dich und sie werden nicht besser, je länger ich es hinauszögere. Wie Du gemerkt hast, habe ich oft Schwierigkeiten, Dir und Deinem kindlichen Charme zu widerstehen.


Ja, das Du meinem Charme nicht widerstehen kannst, ist wirklich meine Schuld, das sehe ich ein. Du konntest schon dem achtundzwanzigsten Paar Pumps nicht widerstehen, wie könnte ich da erwarten, dass eine nur 24-jährige Frau mir widerstehen könnte.

Du kannst irre gut küssen und ich lande jedesmal mit Dir in der Kiste, was in der Tat nicht übel ist. Du überredest mich, ich fühle mich ein, zwei Stunden okay mit Dir, und dann geht es wieder los.

Ok, und wo genau ist jetzt Dein Problem ? Wenn Du nach zwei Stunden nicht nochmal willst, warum sagst Du das denn nicht einfach ?

Der ganze Schwachsinn fällt aus Deinem Mund heraus. Ich bekomme schlechte Laune, Wut auf mich selbst, und Du bekommst es am Ende alles ab.

Richtig, ICH bekomme es ab. Entschuldigung angenommen.

In unserem Fall ist es leider so, daß mein Kopf und mein Körper nicht dasselbe denken.

Ja mein Herz, Du bist also im Körper eines Karnickels gefangen, und hast den Verstand eines Hasen. Das passt natürlich nicht zusammen. Du solltest mit Deinen Eltern ein ernstes Wort reden.

Um es kurz zu machen: Ich komme Ostern nicht mit Dir nach Sylt, und es ist vorbei. 1., weil ich keine Zeit habe, 2. keine Lust und 3., weil vier Tage Udo für mich schlicht keine Erholung, sondern nur Stress sind.

Weil Du keine Zeit hast. Ja, das ist in der Tat ein triftiger Grund, Schluß zu machen. Nur mal so in den Raum gefragt, wer zum Teufel ist Udo ? Du hast mich im Bett schon alles mögliche genannt, aber niemals Udo.

Allein, wie Du mit 100 km/h durch Wohnstraßen bretterst! Dein Fahrstil im Golf hat mir schon nicht gefallen, im Porsche bringt er mich um. Aber eines Tages wahrscheinlich eher Dich.

Ja. Ich bin zerknirscht. Wie gut, dass wir nie geheiratet haben. Es schaut auf der Scheidungsurkunde einfach lächerlich aus, wenn drauf steht: "Sie trennten sich wegen unüberbrückbarer Differenzen ob des jeweiligen Fahrstils." Ich sehe das schon ein, sowas ist in einer Beziehung schon wichtig. Ich könnte ja auch nie mit einer zusammen sein, die ihren Brotkasten nur auf einem leeren Fussballplatz parken kann, und selbst da nur schief. Das geht gar nicht.

Deine grundlose Arroganz und Deine ätzende Besserwisserei jedem und allem gegenüber machen mich krank. Nach jedem Telefonat mit Dir bin ich total genervt, nur gestern nicht, weil ich einfach aufgelegt habe. Das ist überhaupt das beste, man sollte dir nach dem Küssen einfach einen Maulkorb anlegen.

Also verstehe ich das richtig, vögeln ist ok, aber Schnauze halten. Gut, das muss einem ja gesagt werden. Jetzt kann ich's Dir ja sagen, ich hab Dich immer nur deshalb vollgetextet, damit Du still warst. Weil mich die epischen Geschichten über die seelischen Leiden Deiner Arbeitskolleginnen gelangweilt haben.

Jedenfalls habe ich keine Lust mehr, mir weiterhin Deine Nörgeleien gefallen zu lassen, Deine idiotischen Fragen, Deine Verbesserungsvorschläge, Deine Beleidigungen, von denen Du oft gar nicht merkst, daß es welche sind. Ganz ehrlich, rein intellektuell spielst Du einfach nicht in meiner Liga.

Schön, dass Du das endlich einsiehst, mein Herz. Ich hab wirklich versucht, in der Hasenliga zu spielen, aber so ganz konnt ich meinen Background halt dann doch nicht verleugnen.

Deine Fragen sind so dämlich wie Dein Fahrstil.

Ja, wir Männer werden Euch Frauen nie wirklich verstehen. Ich hatte immer gedacht es nervt Dich an mir vielleicht, dass ich mich dauernd und überall am Sack kratze, dass ich den anderen Hasen hinterher schaue, dass ich die Hälfte unserer Dates verpenne und wenn ich erscheine, dann nur ungewaschen und mit Bierfahne. Auf das mit dem Fahrstil wär ich in hundert Jahren nicht gekommen. Und selbst wenn ich 200 Telefonjoker gehabt hätte, wäre ich vermutlich auch nicht drauf gekommen. Der weibliche Sinn für Prioritäten erschliesst sich uns schlicten Gemütern einfach niemals vollständig. Es ist tragisch.

Wieso hast du keine Gucci-Tasche? Wieso lackierst Du Dir nicht die Fingernägel rot? Wieso kaufst Du Dir keinen Sportwagen?

Ich wollte doch nur, dass wir im Partnerlook auftreten. Ich finde meine kleine Gucci-Handytasche wunderschön. Und Dein Motorola-c-Netz-Datenknochen mit Akkurucksack von 1992 ist nun wirklich ein wenig peinlich, sind wir doch mal ehrlich. Jedesmal wenn er klingelt zuckst Du rum, als hättest Du Batterien im Hintern.

Genauso könntest Du mich fragen, wieso ich keine Barbiepuppe, sondern einfach nur ich selbst bin.

Und was wäre an der Frage so falsch ? Eine klitzekleine Typveränderung würde Dir wirklich schmeicheln, mein Herz.

Aber wahrscheinlich übersteigt auch das Deinen niedrigen IQ, schätze mal, von 55. Für Dich zählen nur Äußerlichkeiten, weil innen nix ist.

Achso, nun verstehe ich das erst. DU bist also MIR intellektuell überlegen, nicht andersrum. Richtig. Und der Mond ist ein Käsekuchen.

Trotzdem frage ich mich, warum Du Dir ausgerechnet mich ausgesucht hast.

Ich frage mich das auch schon lange. Ich bin damals auf Bernds Party umgefallen und in Dir gelandet. Was kann denn ich dafür, dass ich an dem Abend meine Brille verlegt hatte !

Daß ich Dir ausgerechnet zu diesem sensiblen Zeitpunkt den Laufpaß gebe, in dem alles beruflich bei Dir den Bach runtergeht, tut mir echt leid.

Ist nicht so schlimm, mach Dir keinen Kopf deswegen. Besser jetzt, als wenn ich Dir in zwanzig Jahren bei der Scheidung die Hälfte meiner Firma, das Haus und den Gärtner überlassen muss.

Deine Geschäfte sind für mich undurchsichtig und zwielichtig, die komischen Maschinen, die Eure Firma produziert, scheinen nie richtig zu laufen. Du hast immer nur ein paar Euro im Geldbeutel, wenn wir essen gehen, muß ich meist bezahlen.

Die komischen Maschinen heissen Mikrowelle. Ich weiss, Du kennst sie nicht, und Dir das prinzipelle Funktionsprinzip zu erklären übersteigt den Verstand eines von uns beiden, wir sind da offenbar unterschiedlicher Ansicht, also lassen wir es dabei. Und Start-Ups haben alles, nur kein Bargeld.

Und dann kommst Du noch auf die Idee, in teure Restaurants zu gehen, die ich mir normalerweise nicht leisten kann. Das ist nun dreimal passiert, und mein Geld für den Monat ist somit verbraucht.

Und mir zu sagen, dass Du Dir das nicht leisten kannst, wäre sicherlich zu gerade gedacht, oder ?

Ich wußte vorher, als ich das Schreiben von der Bank auf Deinem Schreibtisch fand, was drin stand, nämlich, daß Du Deine Kreditkarte abgeben sollst.

Ja, das ist nun mal so. Wenn man die Bank wechselt, muss man die alten Karten abgeben. Ich gebe zu es ist viel lustiger, sie weiterhin in den Geldautomaten zu stecken und mir dessen witzige Fehlermeldungen anzuschauen, aber mein Herz, dafür fehlt mir ein klein wenig die Zeit. Aber versprochen, die nächste abgelaufene Kreditkarte gebe ich Dir.

Du bist ein mieser Hochstapler! Ja, fast kommst Du mir vor wie ein Heiratsschwindler, der Frauen nur ausnutzt und zum Angeben braucht.

Heiraten ? Dich ? Ich wollte die Milch, nicht die ganze Kuh.

Schade, daß ich nicht früher bemerkt habe, daß Du Dich nicht wirklich für mich interessierst. Du willst weder wissen, was ich lese – noch, was ich gerne esse, welche Musik ich gerne mag oder welche Filme. Meine Freunde magst Du nicht, sie sind Dir nicht schick genug.

Das sind die ganz normalen Probleme, wenn man aus verschiedenen Kulturkreisen stammt. Ich kann das markoidiotische Zeug, das Du im Bioladen kaufst, nicht mal aussprechen, geschweige denn Deinem Versuch der Zubereitung etwas abgewinnen. Deswegen mussten wir ja auch so oft essen gehen. Und ganz ehrlich, nach dem dritten Treffen mit Deiner Selbsthilfegruppe für gruppendynamisches Menstruieren hatte ich ehrlich gesagt keine Lust mehr, das Jahresabo für das linksalternative Theater in der Garage zu bestellen, wo man seine Stühle selber mitbringen muss. Das mit dem Lesen habe ich versucht, ehrlich. Ich hab mich drei Wochen auf dem Klo echt ernsthaft bemüht, das Geisterhaus von dieser Allende zu lesen. Aber ich hatte dann derart Verstopfung, dass ich halt doch wieder zur Tageszeitung greifen musste, ich bin auch nur ein Mensch. Davon abgesehen bin ich in den drei Wochen viermal auf dem Klo eingeschlafen, und das ist echt total unbequem, weisst Du.

Sie tragen keine Jil-Sander-Kleider und keine Rolex-Uhren so wie Du, obwohl ich befürchte, daß es sich bei Deiner nur um eine billige Kopie aus Korea handelt.

Ja, Jil Sander macht halt keine bodenlangen, gebatickten Röcke mit psychedelischem Muster, das ist schade, aber nicht zu ändern. Aber ich habe gehört, sie produziert inzwischen diese birkenstock-ähnlichen Gesundheitslatschen. Du weisst schon, die immer so einen schönen Entenfuss machen. Ich weiss nicht, ob Uschis Quadratlatschen darin besser aussehen würden, aber es wäre einen Versuch wert gewesen, denke ich. Vielleicht hätte ich es nur anders formulieren müssen.

Also, Du Idiot, ich hoffe, daß Du wenigstens lesen kannst, und verbuche Dich bei mir auf dem Konto: Erfahrungen mit Deppen, Kapitel drei.

Es hat ja ein Gutes, dass Du keine fünf Jahre dafür gebraucht hast, sondern nur vier. Morgen abend, 20 Uhr ? Nur vögeln, versprochen.

Dein Thorsten.


An die Leser:
Ich bin eine Woche nicht da. Hebt mir jemand bitte die weitere Tränenprosa der nächsten Tage auf ? Denn ich will jeden einzelnen Brief beantworten.

Sonntag, 11. Juni 2006

No Ice in the sunshine

Sonntag. 28 Grad, Sonne satt, Tank voll. Die Holländer hatten sich grade eben zum Sieg gekrückt, und das erste Eis ruft. Da denkt man sich nichts böses und fährt ... nach Nürnberg. Eine selten blöde Idee.

Rund um die Fussgängerzone gab es ganze Busladungen voller weiss-grüner Männchen mit komischen Hüten in seltsamer Kleidung. Die haben aufgepasst, dass die rot-weiss-grünen Männchen mit komischen Hüten in Richtung Stadion traben, und nicht in die city.

Uniformen sind ja schon nicht wirklich kleidsam. Aber wagenradgrosse Sombreros und Ponchos mit Zickzackmuster toppen alles. Mit den Hüten müsste jeder von denen mindestens zwei Plätze im Stadion haben. Andererseits, wenn es regnen würde, bräuchten sie nur jeweils einen Sombrero für fünf Mann.

Und plötzlich hatte ich eine Vision:
20.000 Mexikaner stehen mit Panflöten in der Fussgängerzone und pfeiffen "El Condor pasa". Sobald sie fertig sind, schrammeln 20.000 andere Mexikaner auf der anderen Seite "Bamboleo" auf ihren Brennbaren.

Ich fuhr schnell nach Hause. Ohne Eis.

Samstag, 10. Juni 2006

Manchmal dauert's eben etwas länger

Back from Geekland ...

Damals, als ich auf die Uni ging, sah ich ein Spiel auf den Terminals im Rechenzentrum. Textbasiert, alles in grün auf schwarz. Irgendwie wirkte es primitiv, selbst für damalige Zeiten. Farbmonitore gab es noch nicht. Es hieß Nethack. Halbe Nächte haben wir uns im Rechenzentrum um die Ohren geschlagen, um es zu gewinnen. "Nur kurz zwischen zwei Vorlesungen einen Level !" hieß es oft, und der Hausmeister hat uns dann wieder mal gegen elf Uhr abends aus der Tür gekehrt... wenn wir nicht weit früher schon gestorben waren.

Irgendwann in den 90ern, mehr als zehn Jahre später, als ich zuhause meine erste ISDN-Leitung und einen Browser hatte, hab ich spasseshalber mal im web nach Nethack gesucht. Nicht bei Google, das gab es damals noch nicht. Und siehe da, Nethack gab es noch ! Und ein paar Seiten die mir zeigten, wie unendlich komplex dieses Spiel in Wirklichkeit ist. Damals, an der Uni, hatten wir ja keine Ahnung, auf was wir uns da einlassen, es gab keine Doku, es gab ein vages Ziel, aber keine Information, wie es zu erreichen war.

Ich saugte das komplette Spiel durch den dünnen Draht, spielte es auf eine Diskette und fing wieder an. Ich denke, ich dürfte in den 90ern rund 500 mal gestorben sein ... es gibt sehr, sehr viele Wege, in Nethack zu sterben. Und zu sterben heisst in Nethack, von Beginn an neu anzufangen ! Nix mit Speichern, ups, gestorben, Save-File laden und weiter gehts. In Level 30 gestorben, weil Du Dich mit dem falschen Monster geprügelt hast, mit der besten Rüstung und den besten Werkzeugen, die Du jemals gefunden hattest ? Schade, so ein Pech, das war schon fast die Hälfte des Wegs, better luck next time, insert coin for a new game.

Alle paar Jahre packte ich das diskettengrosse Archiv aus, starb ein paar Dutzend Male, und löschte anschließend das Spiel frustriert von der Platte.
Alle paar anderen Jahre zog ich mir die noch immer weiterentwickelte, aktuelle Version aus dem Netz, und ging es erneut an.

Bis heute. Kaum sind 20 Jahre vergangen, habe ich meine erste Nethack-Ascension geschafft. castagir, der Ritter, hat auf seinem Weg alles kurz und klein geschnitten, was im Weg war, Steroide gefressen wie Schwarzenegger, und mit seinen Scrolls, Wands, Rings, Potions hantiert wie MacGyver. Im vorletzten Level hat er beinahe noch den Löffel gereicht, und im allerletzen Level hatte er das wahnsinnige Glück, den richtigen von drei Altären erst im dritten Anlauf zu finden. Aber dann hat er das Amulet auf den Altar geschmissen, sich hingesetzt, und sich eine blessed potion of booze in den Hals gegossen.

castagir the lawful knight, HP:369, AC:-50, Exp:27, ascended after 48976 Turns.

Meine Fingernägel sind abgekaut bis zum Ellenbogen. Und ich brauche eine neue Tastatur. Der Ziffernblock hat schwer gelitten.
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a life less ordinary ?

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